Ein US-Künstler in Wien: Ehrenrettung für grantelnde Kellner
Portrait. Als Teenager war er Praktikant von US-Vizepräsident Joe Biden, nun arbeitet der Künstler Andrew Mezvinsky in Wien an seiner neuen Ausstellung. von Duygu Özkan
Die Kellnerin zum Beispiel, nennen wir sie Sally. Sie könnte synonym für die amerikanische Freundlichkeit stehen, wenn sie in einem x-beliebigen Restaurant in den USA den Gast mit einem fröhlichen “Hi, I’m Sally” begrüßt. Das ist Andrew Mezvinskys Ding nicht. Sally und viele andere seiner Landsleute zeichne eine aufgesetzte, dick aufgetragene Freundlichkeit aus. Dann doch lieber den grantelnden Kellner im Wiener Kaffeehaus, den man minutenlang anfuchteln muss, damit er einen barmherzigerweise bemerkt. Hier, so Mezvinsky, fühle er sich nicht schuldig, wenn er im Cafe nicht ständig konsumiert.
Der 30-jährige Künstler lebt seit gut drei Jahren in Wien. Im Herbst bekommt er im Wiener Jüdischen Museum eine Einzelausstellung unter dem Titel “A good day” (angelehnt an ein Kapitel mit demselben Titel im autobiografischen Bericht “Ist das ein Mensch?” des Auschwitzüberlebenden Primo Levi). Mezvinsky arbeitet derzeit an den Bildern und zeigt auf mehrere großformatige Werke in seinem Studio in Wien Neubau. Es sind Kreidezeichnungen auf Jeansstoff – eine Parabel an den Jeanserfinder mit demselben Namen: Levi Strauss und seine Levi’s.